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Ἦρος ἄγγελος ἱμερόφωνος ἀήδων
Sappho 6.Jh.v.Chr. (Des Frühlings Botin mit sehnsuchtsvoller Stimme die Nachtigall)

Montag, 21. Januar 2013

Griechenlandreise 2011



diario 35

Es war ja insgesamt eine lange abwechslungsreiche Fahrt: sieben verschiedene Betten und fünf Zeltplätze, also doch häufiges Wechseln und doch so lange jeweils verweilen, dass wir die neuen Orte und Städte und Gegenden wirklich „erfahren“ konnten.


                                               Mi. 20.4.11
Athen, Akropolismuseum, der Blonde Kopf, um 480 v.Chr.
Kurz nach 5 Uhr, draußen fangen die Vögel an zu singen, ich schalte das Radio bzw. die schöne Musik von Schubert aus, um sie besser hören zu können. So geht es mir schon besser. Seit einer Stunde lag ich im Bett ohne schlafen zu können; so Vieles bedrückt mich, von allen Seiten: Wenn ich an die Zukunft der Kinder denke, mache ich mir zu jedem einzelnen drückende Sorgen, ob sie mit ihrem Leben gut fertig werden. Die politische Entwicklung – nach den großen Erfolgen unserer Leute in Baden-Württemberg, in der Pfalz, in den hessischen Kommunen und auch im Kreis Bergstraße und in Bensheim hat es nicht den Anschein, als könnte es jetzt wirklich besser werden, wie es ja eigentlich zu erwarten wäre.
Dann hier im Haus: Gestern waren wir beim Schreiner Grün in Lorsch, der uns neue Holzfenster machen soll – wenn ich hier am Küchentisch sitze und den Autoverkehr höre und die Güterzüge, die die Vogelstimmen fast ganz übertönen, merke ich, wie notwendig es ist, neue Fenster machen zu lassen – aber damit kommt viel Arbeit auf mich zu und auch die Sorge um das viele Geld, das zu beschaffen ist.
Dann die Reise nach Griechenland – ich habe das Gefühl, dass wir das nie mehr in dieser Weise auf uns nehmen werden. Vor allem der Abschnitt durch die uns völlig unbekannten Länder Ungarn, Serbien, Skopje-Makedonien macht mir Sorgen, statt meine Neugier zu wecken. Was machen wir, wenn irgendwas passiert, ein Unfall, Diebstahl o.ä.? Darauf sind wir so wenig innerlich und informativ vorbereitet. Es wäre schön, wenn ich noch meinen Halt hätte, das Bewusstsein, schreiben zu können, meine innere Welt dagegen halten zu können – aber gerade diese Kraft scheint mir immer mehr zu schwinden in den vielen Beschäftigungen des Alltags: heute Morgen waren wir nach Darmstadt gefahren, um in „Kleine Fluchten“ einen Ersatz für unsere alte undichte Doppel-Luftmatratze zu kaufen – ob diese selbst-aufblasenden Matten, die wir gekauft haben, gut sind? Auf dem Rückweg waren wir schnell noch einkaufen, dann Essen zubereiten und essen, danach mit dem Rad nach Lorsch zur Schreinerwerkstatt. Wir hatten ein so gutes Gefühl dabei, dass wir hinterher, um die gelungene Bestellung der Fenster zu feiern, vor der Klosterhalle einen Cappuccino tranken, dann fuhren wir noch bis zur Weschnitzinsel – sehr schön immer wieder das Fahren durch die Landschaft. Als wir zu Hause waren, wurde Hille von Angelika abgeholt; ich hatte ein längeres Gespräch mit Fritz Kilthau, weil demnächst die Nachkommen des Polen Josef Chabera kommen, einer von den 22, die auf dem Friedhof in Auerbach auf dem Grabstein genannt sind. Danach bestellte ich ein Hotel in Leipzig für die Schulanfangsfeier Anouks im August.
Im Garten schaufelte ich etwas vom Kompost weg – die neuen Holzwände der Komposthaufen habe ich letzte Woche schon fertig gemacht, jetzt muss der Rest des alten Kompost, den wir ja immer als Hügelbeet nutzen, noch gesiebt und im Garten verteilt, dann der neue umgesetzt werden. Alles blüht wunderbar, aber es sind auch schon die ersten Schäden an den Rosen zu sehen und dann die Trockenheit; die Vorräte aus den Fässern und der Zisterne sind schon fast aufgebraucht, dann müssen wir wertvolles Trinkwasser zum Gießen nehmen – und wie wird das, wenn wir fünf Wochen weg fahren. Ich muss wohl Manches einfach leichter nehmen.

                                           Belgrad, Mi 11.5.11
Die Einfahrt gestern hier in die Stadt nachmittags gegen 18.00 war die Hölle. Von Wien aus waren wir mit unserem neuen Navigationsgerät sehr gut raus gekommen, dann: viel flaches Land, an Budapest vorbei, an der serbischen Grenze etwas Geld gewechselt und irgendwo mal einen Espresso gewagt. Schwierig wurde es erst hier, als wir ohne richtigen Plan, ohne Navi und ohne Verkehrsschilder auf eine breite Straße gelangten und drei- oder vierspurig fuhren und standen und fuhren und standen, bis wir nach einer halben Stunde beschlossen, uns Gewissheit zu verschaffen und uns vorsichtig geduldig von der linken Spur nach rechts schafften und bei einem Hochhauskomplex ausscherten, um dort Leute zu fragen. Das ging auch gut, mit netten Leuten, die uns auf Englisch erklärten, dass wir schon  ganz richtig waren, wir müssten nur weiter auf der Brankov Most bis über die Sava fahren, dann könnten wir links in die Altstadt abbiegen, wo unser Hotel lag; nach mehrmaligem Fragen fanden wir auch dorthin; auf meine Bestellung hin hatten sie sogar einen Parkplatz in der Uliza Kralja Petra vor unserem Hotel „Royal“ reserviert. Uff, das war überstanden.
Wenn ich zurück schaute: Die Zufahrt nach Wien war auch schon schwierig gewesen, mehr als eine Stunde im Stau: Ein LKW war dort irgendwo ganz ausgebrannt; danach wurde dauernd ein Geisterfahrer gemeldet. In der Stadt wurden wir vom Navi prompt zur Pension Vera in der Alser Straße geführt. Abends trafen wir Martin, der uns durch den Burggarten führte und nach längerem Spaziergang in seinen geschätzten „Palmengarten“ zum Essen einlud. Auch am Sonntag ins Kunsthistorische Museum begleitete er uns; abends in der Pizzeria konnten wir ihn schließlich auch einmal einladen. Montags trafen wir Walter, wie üblich im Café Demel am Kohlmarkt; vorher waren wir im Jüdischen Museum am „Judenplatz“. Walter erzählte von seinem Vortrag in Köln und in Zürich über den Container und seine Bedeutung in der Architektur – mir fiel dabei die Vorlesung von Hubala über moderne Architektur ein.


Belgrad Kathedrale des hl.Sava
Gestern Abend gingen wir nach überstandener Fahrt in der „Knez Mihailowa“ gut und reichlich essen und tranken hiesiges Bier dazu („Jelen“). Heute Morgen machten wir dann eine lange Wanderung vom <Royal> in der Ul. Kralja Petra durch das Festungs-gelände <Kalemegdan> mit Blick auf die Sava und die <Dunav>, später durch die untere Stadt bis in ein weithin sichtbares weiß strahlendes Kuppelgebäude, das als „Kathedrale“  bezeichnet wurde, sich aber innen als noch nicht vollendeter, aber sehr eindrucksvoller Kirchenbau zeigte. Auch in die Synagoge gelangten wir danach – genauere Informationen erhielten wir aber weder hier noch da, weder schriftlich noch mündlich. Es schmerzt mich sehr, dass ich Vieles noch nicht einmal lesen, geschweige denn verstehen kann, obwohl ich mir doch mit meinem Polyglott Sprachführer <Serbo-Kroatisch!?> alle Mühe gebe; ganz stolz habe ich ihn vor der Reise bei Böhler entdeckt.
                                        
                                           16.5.11 Sithonía, Kalamitsi
Bucht von Kalamitsi, Blick auf den Athos
Jetzt sitze ich hier im Zelt, weil draußen vom Meer her das Rauschen dröhnt, aber auch ein ziemlich frischer Wind bläst. Auf der Wiese vor mir und den Fels hinter dem Zelt hinauf viele bunte Blumen, Mohn, Wicke und viele, die wir leider nicht kennen; morgens ein ungeheures Zwitscherkonzert. Wir sind auf dem riesigen Zeltplatz, der fast die ganze Bucht ausfüllt, die einzigen mit Zelt, aber auch sonst sind höchstens drei, vier Leute da; die meisten Wohnwagen stehen z.Zt. leer. Gestern haben wir beide, jeder für sich, um sich nicht voreinander genieren zu müssen, einen Einstieg ins Meer gewagt, kurz, denn es war uns noch viel zu kalt. Wunderbar war am ersten Tag, als das Meer ganz ruhig da lag, der Blick auf den Athos, gerade gegenüber unserer Bucht; heute ist er von Wolken verstellt.
Thessaloniki, Blick von der Dachterrasse des "Pella" 

Ähnliches Glück mit einer schönen Aussicht hatten wir in Thessaloniki, die Stadt, die den Namen der bedeutenden Schwester Alexanders trägt: Als wir in unser Zimmer im 8.(obersten) Stock gelangten und sofort zum Balkon hinaus traten, sahen wir am Ende der Straßenschlucht der Ìonos Dragoùmi das Meer und im Hintergrund ein herausragendes Bergmassiv mit schneebedeckten Gipfeln: den Olymp.
Die drei Tage dort in der großen Stadt vergingen sehr rasch: einige interessante Kirchen, die bis in die frühchristliche Zeit reichen, vor allem die „Rotunde“, die äußerlich an das Pantheon erinnert. Über die alten Märkte zu gehen, war morgens unser Vergnügen. Beeindruckend war dann der Besuch des Jüdischen Museums; wir wussten bisher nicht, dass hier bis 1943 die größte jüdische Gemeinde in Europa war, deren Einwohnerzahl die der christlichen Bevölkerung Salonikis zeitweise überstieg. Zweimal arbeiteten wir uns zum „Kastro“ hoch, schließlich gingen wir auch durch das berühmt berüchtigte Gefängnis, das wir aus einem Lied als „Jedi“ kennen, allerdings deutete nichts auf die furchtbaren Ereignisse in der Zeit der Diktatur 1967-74 hin – in dieser Hinsicht, denke ich, sind wir in Deutschland doch etwas weiter, was die Aufarbeitung und Darstellung der schlimmen Vergangenheit vor Ort betrifft.
Schön waren jeden Abend die Spaziergänge an der Strandpromenade.
                                          
weiter gen Süden