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Ἦρος ἄγγελος ἱμερόφωνος ἀήδων
Sappho 6.Jh.v.Chr. (Des Frühlings Botin mit sehnsuchtsvoller Stimme die Nachtigall)

Interview mit Michalis Skordokopanes

Interview mit Michalis Skordokopanes


Interview mit Herrn Michalis Skordokopanos (M.S.) übersetzt von Herrn Nikos Maniatis (N.M.),geführt im Haus am Maiberg, Heppenheim, von Frau Hille Krämer (I.)am 17.September 1992[1]
I.       Erzählen Sie doch zunächst, was Sie in Athen erlebt haben.
M.S. Zunächst fing alles an mit dem Versuch Italiens, Griechenland zu besetzen[2], und zwar von Albanien aus. Das griechische Militär hat den Angriff aber abgewehrt und dann haben die Italiener die Hilfe der Deutschen angefordert; die Deutschen sind durch Jugoslawien nach Griechenland gekommen und haben Griechenland angegriffen[3]. So waren die Griechen zwischen den beiden Militärmächten, der italienischen und der deutschen. Ich habe 35 Tage gebraucht, um vom albanischen Kriegsschauplatz nach Athen zu kommen.
I.       Sie waren Soldat?
M.S.  Ja. Und als die deutsche Besatzung anfing, war plötzlich nichts mehr zu essen da, die Kinder starben auf der Straße vor Hunger und gesunde Menschen haben nach Arbeit gesucht. Man kennt die Bilder von Angola und verschiedenen afrikanischen Ländern, wo Dürre und Hunger herrschen. So waren die griechischen Kinder auf der Straße, schreiend: Ich hab Hunger, ich hab Hunger.         Die Deutschen haben die Griechen angeworben, die bereit wären, in Griechenland für das deutsche Militär zu arbeiten und so sind viele, die sich dem Druck, sich beim deutschen Militär zu melden, entgehen wollten, in die Berge geflohen.         So haben wir in Griechenland drei Gruppen von Menschen:          1. diejenigen, die sich zum Widerstand gegen die Deutschen anmeldeten         2. diejenigen, die mit den Deutschen zusammen gearbeitet haben         3. diejenigen, die sich weder den einen noch den andern angeschlossen haben.         Am schlimmsten waren die dran, die unabhängig bleiben wollten, sie suchten natürlich in den Städten nach Arbeit.         In dieser Zeit habe ich geheiratet.
I.       Ja, wir sollten jetzt zu Ihrem persönlichen Schicksal kommen.
M.S. Am 17.Juli 1944 habe ich geheiratet und am 17. August 44 war die Razzia von Kokkiniá[4]. Es hieß, alle Männer sollten mit ihren Ausweisen auf den Platz[5] kommen und wer es nicht tue, dessen Haus oder Wohnung würde in Brand gesteckt. Auf diesem Platz kamen dann mit den Deutschen maskierte Kollaborateure und haben wahllos auf Leute gezeigt, die angeblich Kommunisten seien und so wurden auf der Stelle 140 Leute erschossen.[6]          Dann mussten wir Fünferreihen bilden und wir sind zu Fuß in ein Militärlager nach Xaïdári geführt worden; das ist 10km von Níkaia entfernt. Wir mussten zu Fuß laufen und wer nicht mehr konnte, ist getreten worden. Einer, der umkippte, wurde sofort vom Wächter erschossen.         Dort, in der Militärkaserne war eine Abteilung von Menschen, die zum Tod verurteilt waren, ohne Gericht natürlich; sie sollten umgebracht werden.         Die andere Abteilung waren wir aus Kokkiniá. Wir wurden von Ärzten untersucht und die Gesunden wurden in eine Liste geschrieben und nach 2 Tagen sind wir zum Stadtteil Rouf gebracht worden. In Rouf war das Rote Kreuz, hat eine neue Liste der Namen aufgeschrieben und hat jedem von uns ein Päckchen gegeben mit ein paar Konserven, etwas zu essen also für unterwegs, 88 Zigaretten, das war eine große Packung. Anschließend sind wir in Waggons eingestiegen. In einem Waggon wurden normaler Weise 8 Pferde oder Maultiere transportiert, jetzt wurden jeweils 80 Personen darin zusammengepfercht.         In der Mitte jedes Waggons war ein kleines Gefäß mit Wasser und das war alles, was wir hatten für die Reise, die nach Deutschland gehen sollte. Es war keine Toilette da, wir mussten unsere physischen Bedürfnisse durch die offene Tür erledigen. Ab und zu hielt der Zug auch zu diesem Zweck. In kleinen Gruppen, mit einem Wächter mit Maschinenpistole konnten wir in den Feldern und unter Bäumen auf die Toilette gehen.
I.       Waren Ihre Wächter deutsches Militär?
M.S. Ja, es waren Deutsche von der Luftwaffe.         Als wir nach Wien kamen, wurden wir erneut ärztlich untersucht, geröntgt, Nerven, Herz und dies und das. Und von da aus wurden wir verteilt; wir sollten nach Bensheim-Auerbach kommen.         In dem Zug waren 3 Waggons mit Partisanen aus der Peloponnes. In Wien ist folgendes passiert: Die Lokomotive des Zuges ist gewechselt worden und dabei sind die drei Waggons mit den Partisanen, die vorne waren, an den Schluss gesetzt worden. So sind wir fälschlich als „Partisanen“ nach Auerbach gebracht worden. Die Wärter haben diesen Fehler nicht bemerkt.
I.       Das ist dann wohl die Erklärung dafür, dass Sie in Auerbach so schlecht behandelt wurden, weil Ihnen der Ruf als Partisanen zugeschrieben wurde?
N.M. Woher habt Ihr erfahren, dass die drei Waggons mit Partisanen im Zug waren und verwechselt wurden?
M.S. Nach der Befreiung habe ich mehrere Menschen kennen gelernt aus Kalamata, aus Tripolis, aus Korinth. Ich habe besonders mit zwei von ihnen gesprochen (er nennt die beiden Namen),sie erzählten, dass die Waggons tatsächlich mit Partisanen gefüllt waren und er bestätigte, dass die Waggons verwechselt wurden und wir anstatt ihrer nach Auerbach kamen.
Dann sind wir hier in Auerbach in eine Baracke gebracht worden, das war vorher eine Art Kühlanlage für Obst, im Innern waren Abteile so etwa wie für Pferde. Wir bekamen eine Decke, etwas Kartoffeln und Fleisch. Wir fragten die Wärter, wann wir denn zur Arbeit kämen.
Die ersten Tage, ungefähr eine Woche, sind ziemlich gut verlaufen – wir mussten warten – sind ziemlich gut ernährt worden. Nebenan gab es eine Kartoffelfabrik und Stampoulidis[7] hat dort ein paar Tage gearbeitet und uns anschließend etwas Essen mitgebracht. Wir haben ein Stück Roggenbrot und ein halbes Kilo Weißbrot bekommen, dazu einen Kochlöffel Marmelade und einen Löffel Butter. Das war natürlich nicht gerade viel und viele haben alles gleich aufgegessen und hatten dann die nächsten Tage nichts mehr. Ich habe das Brot mit der Hand, mit den Fingern abgemessen und es in 7 Teile eingeteilt für die Woche, jeden Tag eine Scheibe. Wir haben Kartoffelschalen und Kohlblätter bekommen und ab und zu eine Suppe, die für 135 Personen gekocht wurde. Es gab nur mittags und abends etwas zu essen; Frühstück gab es nicht.Dann fing das Martyrium an: von der Baracke zur Arbeit, von der Arbeit zur Baracke.         Die Arbeiten, das waren Bauarbeiten. Wir mussten den Stollen an bestimmten Stellen mit Beton ebnen, dann mussten wir Wände bauen, 4m hoch und 1m breit; dann kamen die Böden dran mit Eisenschienen und Holzbalken und Beton. Diese Arbeit haben wir verrichtet.[8]         Ganz schlimm bei der Arbeit in diesem Stollen waren die Kälte und die Feuchtigkeit. Es tropfte von oben. Das war schlimmer als die Schläge von den Wärtern.         Als wir in Griechenland verhaftet wurden, haben wir Sommerkleider angehabt, die hier schon zerrissen waren. Wir bekamen einen dünnen blauen Arbeitsanzug, der aber kaum vor der Kälte schützte. Also haben wir das Papier von den Zementsäcken genommen und uns daraus „Kleider“ gemacht; dann haben wir uns Holzschuhe gemacht, aber unsere Füße waren daran nicht gewöhnt und sind angeschwollen.
I.       Erzählen Sie doch noch etwas mehr über die Wärter.
M.S. Zur Arbeit hin und zurück führte uns ein Wärter, der besonders brutal war, ein Sadist. Er hieß Jakob. Der hat uns jeden Morgen um 5 Uhr geweckt und wenn einer krank war und nicht aufstehen konnte, dann kam er mit Schlägen. Jeden Morgen hat es Tritte gegen die Baracke gegeben, damit viel Krach war und er rief und fluchte. Eines Morgens konnte einer nicht aufstehen, seine Füße waren geschwollen und der Dolmetscher Michalis sagte, dass er nicht aufsteht. Jakob sagte: “Warte mal!“ Er hat einen Schlauch genommen und hat ihn so lange geschlagen, bis er tot war.         Von 135 sind wir 60 übrig geblieben. Einige von den 135 wurden nach Hanau gebracht. Ich versuchte jedes Mal, mich in die Reihe derer zu stellen, die nach Hanau gebracht wurden, aber Jakob hat mich jedes Mal herausgenommen.         Am Anfang haben wir, wie gesagt Holzschuhe bekommen; die hatten oben so etwas wie einen Plastikbezug wegen der Nässe; sie gingen immer kaputt. Ich war von Beruf Schuster und deshalb reparierte ich die Schuhe immer. Eines Tages waren einige krank und Jakob sagte mir, ich sollte alle die Schuhe der Kranken reparieren, weil sie am nächsten Tag aus dem Krankenhaus heraus kommen sollten. Ich habe bis 4 Uhr daran gearbeitet. Um 5 Uhr wurde ich trotzdem geweckt, um zur Arbeit zu gehen. Ich sagte dem Dolmetscher, dass ich ein bisschen Schlaf brauche, ich wollte mittags, wenn er das Essen hochbringt, mit ihm zur Arbeit gehen. Der Dolmetscher hat dem Jakob das erzählt, dass ich nicht aufstehen will oder kann. Jakob holte mich mit Gewalt aus der Baracke – draußen lag sehr viel Schnee – und er hat mich mit dem Gesicht in den Schnee geworfen und brutal geschlagen. Seit diesem Moment hat mich jedes Mal, wenn ich ihn anschaute, geschlagen, ohne jeden Grund.         An diesem Tag, als ich so geschlagen wurde, lief ich mit hoch in den Stollen und als alle in den Stollen rein gegangen waren, hielt mich Jakob als letzten draußen. Da lag ein Haufen Schutt. „Das schaffst du in einer Stunde weg!“ Er gab mir …
(Seitenwechsel)         M.S. … nachdem er gegen die Frau geschossen hat, sagte er mir, ich sollte eine Schubkarre nehmen, die da draußen stand, und ich sollte mit ihm in den Wald gehen. Dort lag ein Riesenbaumstamm und er befahl mir, diesen Baumstamm auf die Schubkarre zu laden. Ich habe es versucht, aber er war viel zu schwer für mich; außerdem bin ich in den Holzschuhen auf dem Schnee dauernd ausgerutscht. Ich habe es mehrmals versucht, dann habe ich mir gedacht, ich müsste die Schubkarre umkippen und dann langsam Stück für Stück die Karre und den Baumstamm hoch schaffen. Daraufhin hat er mich mit dem Fuß gegen den Kopf getreten, so dass ich wieder mit dem Gesicht auf den Boden fiel. Er hat gelacht und mich einen Schlawiner genannt. Dann hat er mir aber doch geholfen und wir haben den Baumstamm zu zweit aufgeladen und dann zur Holzwerkstatt gebracht. Als wir dort waren, hat er mir ein Beil gegeben; ich sollte geschnittene Holzstücke spalten. Ich war sehr froh, weil es dort warm war und die Arbeit nicht so schwer. Aber nach 10 Minuten kam er leider schon wieder und hat mich zu den andern in den Stollen gebracht. Als die andern mich sahen, haben sie ein Kreuz gemacht; sie dachten nämlich, dass er mich umgebracht hat.
         Eines Tages, es muss so im Februar  oder im April[9] gewesen sein, war eine Kommission von Himmler gekommen und in den Stollen gegangen.
I.       Also Leute von der SS?
M.S. Es waren Zivilisten, von einem Ministerium, einem Amt, sie sollten die Grundsteinlegung vornehmen. Als ich sie gesehen habe, habe ich „Heil Hitler!“ gerufen. Sie haben auch gegrüßt und sind rein gegangen. Eine halbe Stunde, nachdem sie weg waren, hat Jakob mich gerufen und wollte wissen, wer am Eingang war, wer von uns am Eingang war, als sie gekommen waren. Ich bekam Angst, aber „Was soll’s“, dachte ich, „so oder so, ich werde ja immer geschlagen.“ Ich sagte also: „Ich, ich war am Eingang.“ Er gab mir 2 Päckchen Zigaretten und sagte: „Die sind von dem Führer der Kommission, ein Geschenk für dich, weil du gegrüßt hast, weil du Heil Hitler gesagt hast.“ Zigaretten habe ich also bekommen, nicht Schläge. Weil ich selbst nicht rauchte, habe ich sie an die Kollegen weiter gegeben.         Einige Tage vor der Befreiung kam jemand und sagte dem Jakob etwas, er sagte ihm, dass er mit uns den Rückzug machen soll, dass wir also weggehen. Jakob hat also die Griechen genommen und hat sie nach Michelstadt gebracht, in eine Fabrik, die Packpapier, also Kartons produziert hat.         Von Michelstadt ist Jakob weggegangen mit einem Russen und einem Griechen, er ist in die Baracke geführt worden. Von Kollegen, die ich später unterwegs getroffen habe, erfuhr ich: Es waren ein Russe und ein Grieche und ein Dolmetscher. Michalis; er war bei Jakob sehr beliebt und hat gut mit ihm zusammen gearbeitet. Er war bewaffnet und als einer von den Griechen sagte, man solle den Jakob umbringen, kurzen Prozess machen, hat ihm dieser Michalis eine verpasst und gesagt: “Wer die Hände gegen Jakob hebt, den bringe ich um.“ Und Jakob bekam neue Kleider und Essen, dann wurde er frei gelassen. Das war, nachdem er uns nach Michelstadt gebracht hatte.         Nach Michelstadt blieben wir ohne Wächter; wir haben kleine Gruppen gebildet und sind durch das Land gezogen und haben an die Türen geklopft und gebettelt. Aber die Menschen glaubten nicht, dass wir gehungert haben; die Propaganda war wohl immer so, dass es uns Zwangsarbeitern gut gehe, dass wir gut ernährt würden usw.         Ich bin an eine Tür gekommen, ganz allein, ich war sehr schwach und konnte kaum noch laufen. Ich klopfte an die Tür und eine junge Frau, ein Mädchen machte mir auf. Ich trug Kleider aus Zementsäcken. Sie sagte, ich solle rein kommen. Ich sagte, dass ich voller Läuse sei. Sie hat mich dann ins Bad geführt, hat mich ausgezogen, meinen Zementsack, hat mich gewaschen und überall die Haare abgeschnitten. Nachdem sie mich gebadet hat und die Haare geschoren, hat sie mich gefragt, wer ich sei. Ich sagte, dass ich Grieche sei. Ich war so schwach, dass ich, um die Treppe hinaufzusteigen, erst das eine Bein mit beiden Händen hoch heben musste, dann das andere. Dann hat sie mich ins Bett gesteckt. Dort bin ich in einen tiefen Schlaf gefallen. Sie hat mich mehrmals geweckt, um mir zu essen zu geben, aber ich wollte nicht essen; ich habe lange geschlafen, drei Tage und drei Nächte. Nach drei Tagen hat sie mich geweckt und sagte mir: „Du Grieche, die Amerikaner sind gekommen.“ Ich fragte: „Wo sind sie?“ „2km weiter“ sagte sie. Da wollte ich aufstehen und zu ihnen gehen; sie hat aber gesagt, die SS sei auch unterwegs und das sei gefährlich für mich. Sie war 18 Jahre alt, hatte zwei Brüder in Stalingrad verloren; ihr Vater war bei einem Bombenangriff umgekommen und ihre Mutter hatte daraufhin einen Herzinfarkt bekommen. Sie wohnte allein dort. Sie sagte, ich solle bei ihr bleiben.         Ich war dann auf dem Weg und hörte Panzer kommen. Ich lief darauf zu und tatsächlich, es waren Amerikaner. Ich habe gerufen: „Greco, Greco! Ich bin Grieche.“ und einer fragte mich auf Griechisch, ob ich wirklich Grieche sei, es war ein griechischer Amerikaner. Er sah, dass ich nicht gehen konnte, nahm mich in den Arm und brachte mich zu seinen Kollegen und sagte: „Schaut mal her, ein Grieche.“ Ich muss komisch ausgesehen haben mit geschorenem Kopf und Wunden auf dem ganzen Körper durch die Läuse. Zum Glück hatte mich dieses Mädchen am ganzen Körper mit Schnaps eingerieben. Dann hat mich der Amerikaner zu einem deutschen Haus geführt und gesagt: „Nimm, was du willst1“ Die Deutschen waren geflohen und haben die Häuser so offen gelassen. Ich wollte aber gar nichts aus dem Haus nehmen: die Amerikaner haben mich reich beschenkt mit Esssachen, Konserven usw. Wir haben einen halben LKW voll gemacht damit und wir haben das zu dem Mädchen gebracht, sie hätte einen Supermarkt damit aufmachen können. Ich bin dann zuerst bei ihr geblieben.Danach arbeitete ich in Mannheim-Wallstadt als Kochgehilfe bei den Amerikanern. Dort bekamen wir die Nachricht, dass eine Kommission eines Ministeriums aus Griechenland nach München gekommen ist, und weit verbreiten ließ, dass wir nach Griechenland zurückkehren sollten. Damals arbeitete ich bei den Amerikanern und war aber immer wieder bei dem Mädchen in Michelstadt. Wenn wir einmal etwas Gutes essen wollten, gingen wir zu den Amerikanern und verlangten zu essen. Sie sagten, wir sollten ihnen zuerst die deutschen Nahrungsmittellager zeigen, dann bekämen wir etwas. Aber es gab nirgends etwas zu essen. Das war die Zeit, als die Amerikaner Probleme hatten mit so vielen Ausländern, die sie in Lagern gesammelt hatten.Die Amerikaner haben 5 große Fässer gebracht und wir wussten nicht, was drin ist. Wir habe nsie geöffnet und es war Fett drin und wir haben viel davon genommen zum Essen. Eines Tages mussten sich alle versammeln und der Dolmetscher hat gefragt, wer die Fässer aufgemacht hat. Sie sagten: wir. Warum? Weil wir Hunger hatten. Wir haben Kartoffeln geklaut und sie in dem Fett gebraten und gegessen. Dann hat uns der Dolmetscher erklärt, dass das Fett Menschenfett war, dass eine Delegation mit einem hohen Offizier die Fässer nach Amerika bringen sollte, denn das war der Beweis, dass die Nazis in den KZ aus Menschenfett Seife hergestellt haben. Der Dolmetscher hat gesagt, dass das ein großes Problem ist, dass wir die Fässer aufgemacht haben.Danach wurden wir nach München transportiert, von dort nach Bari und dann nach Griechenland.Ich war damals 26 Jahre alt, als wir hierher kamen; ich war einer der Ältesten.(Ende der Aufnahme) 


[1] Im September 1992 waren auf Einladung der Stadt Bensheim 9 ehemalige griechische Zwangsarbeiter eine Woche in Bensheim; sie waren im „Haus am Maiberg in Heppenheim untergebracht. [2] Der Angriff des faschistischen Italien auf Griechenland begann am 28.10.1940 – in Griechenland heute noch der „Ochi-Tag“, wurde aber von griechischen Truppen über die Grenze zurückgeworfen [3] Der Balkanfeldzug Hitlers begann am 6.4.1941. [4] Kokkiniá ist ein Stadtteil im Südwesten von Athen, heute Níkaia; dort gab es starke Aktivitäten der Widerstandsgruppen  (ELAS-1941 gegründet) [5] Platz „Osias Xenis“(bei der Kirche der hl. Xeni) [6] An diese Erschießungen erinnert eine Gedenkstätte mit einem kleinen Museum neben dem Platz Osias Xenis. [7] In einem Interview erklärte Herr Stampoulidis, dass es neben der „Baracke“, einer ehemaligen Obsthalle neben dem Auerbacher Bahnhof eine Fabrik für die Herstellung von Kartoffelchips gab, in der hauptsächlich russische Zwangsarbeiterinnen beschäftigt waren; da er selbst in Russland aufgewachsen war, konnte er sich mit ihnen gut verständigen. [8] Nach der Bombardierung Darmstadts am 11.9.44 wurde die Firma Heymann wegen ihrer kriegswichtigen Produktion in die unterirdischen Anlagen des ehemaligen Auerbacher Marmoritwerks verlegt; dazu wurde am Ende des Stollensystems eine „Halle“, der so genannte „Heymann-Saal“ mit 2 Etagen errichtet, für die ein Raum im Berg gesprengt wurde. Aufgabe der griechischen Zwangsarbeiter war es, für die Errichtung dieser Produktionsstätte die erforderlichen Materialien herbei zu schaffen.

[9] M.S.irrt sich hier in der Zeitangabe, denn Ende März war schon die Evakuierung. Von einer Kommission ist auch in anderen Interviews die Rede.
siehe Audiodatei